Alleinerbin Rose-Marie Bonsels
von Christina Lemmen
Mit dem Morgen des 1. August 1952 findet sich Rose-Marie Bonsels in einer neuen Rolle: Am Vorabend ist ihr Mann gestorben und Waldemar Bonsels hatte sie, seine dritte Ehefrau, als alleinige Erbin bestimmt. Ein Testament von 1924 setzte noch seine fünf Söhne als Erben ein. Seine zweite Frau Elise sowie Edith von Schrenck, die Mutter seines unehelichen Sohns Kay, sollten bis zum Ende ihres Lebens mit den Erlösen der Nutzungsrechte versorgt sein.
Doch dieses Testament änderte Waldemar Bonsels anlässlich der Hochzeit 1950 mit Rose-Marie Bachofen, die bereits seit über 20 Jahren seine Lebenspartnerin war, zu deren Gunsten. Drei der Söhne waren bereits gestorben und so sollten nur seine Enkelkinder Anteile an den Rechten der Werke erhalten. Da die beiden noch lebenden Söhne jedoch auf ihrem Pflichtteil bestanden, gingen die Enkelkinder leer aus. Waldemar Bonsels‘ literarisches Lebenswerk lag also nun in der Hand von Rose-Marie Bonsels.
Die letzten Monate von Waldemar Bonsels‘ Leben waren geprägt von zahlreichen Klinikaufenthalten in München und der Schweiz. 1949 Jahre war er an Rheuma und Lymphdrüsenkrebs erkrankt und hatte sich in der Hoffnung auf Heilung zahlreichen Strahlentherapien unterzogen. Bilder vom Herbst 1950 zeigen den Schriftsteller sichtlich schmal und blass. Er unternimmt, meist mit Rose-Marie an seiner Seite, Kuraufenthalte und verbringt seine übrige Zeit hauptsächlich in Ambach am Starnberger See. Briefe muss er jetzt häufig diktieren und Besuche von Freund*innen, die früher so zahlreich und willkommen waren, lehnt er immer häufiger ab, da er sich nicht mehr auf der Höhe seiner geistigen Kräfte sieht. Auch ansonsten war es ruhig geworden um den erfolgreichen Schriftsteller der 1920er und 30er Jahre. 1949 erscheint noch „Die Herrschaft des Tieres“, eine Sammlung von Tiergeschichten, deren Edition Rose-Marie übernimmt. Ein letztes autobiografisches Buch mit dem Titel „Die sieben Sachen“ bleibt unvollendet.
Mitte 1952 wird klar, dass alle Hoffnung auf Heilung vergebens ist, auch wenn Rose-Marie sich noch daran festgehalten hatte, wie sie in einem Brief an Johannes R. Becher schreibt:
„Mein Mann ist sehr lange krank gewesen. Dennoch ist sein Tod unfassbar und mit schmerzlicher Plötzlichkeit hereingebrochen, nicht für ihn, ich jedoch hoffte so sehr dies hindern zu können.“
Rose-Marie Bonsels an Johannes R. Becher: Ambach, 12. September 1952
In ihrer Trauer hat sie das Bedürfnis, sich zurückzuziehen. Als einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist Waldemar Bonsels jedoch – auch in seinem Tod – eine öffentliche Figur. Und so veröffentlicht sie umgehend die Todesnachricht. Die Nachrufe in Zeitungen und im Rundfunk sind eher verhalten und zum Teil durchaus kritisch. Waldemar Bonsels wird als Autor vergangener Tage angesehen und schon jetzt wird prognostiziert, dass es wohl „Die Biene Maja“ ist, die sein Andenken wachhalten wird.
Am 5. August 1952 findet die Einäscherung auf dem Ostfriedhof in München statt. An einem geschützten Platz im Garten seines Hauses in Ambach findet Waldemar Bonsels‘ Urne die letzte Ruhe. Umgeben ist das Grab von Rosensträuchern, die Freunde nach Ambach geschickt haben und die Rose-Marie einpflanzt. Den Grabstein ziert ein Zitat aus seinem 1915 veröffentlichten Roman „Himmelsvolk“:
„Wir sind alle aus Freude geboren und kehren zu ihr zurück.“